Vom vierzigtägigen Fasten vor Ostern

Nicht nur Verzicht, sondern auch geistliche Übung

Im christlichen Festkalender geht die österliche Fastenzeit (Quadragesima) dem Osterfest voran, das durch das Konzil von Nicäa 325 auf den ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond festgesetzt wurde. Ostern ist ein beweglicher Festtermin, der auf die Zeit zwischen den 22. März und den 25. April fallen kann. Der Termin der Fastenzeit ist deshalb auch „beweglich“ und definiert sich im Verhältnis zu Ostern durch die Länge der Fastenzeit. In Bezug auf das Fasten Jesu in der Wüste (Mt 4,2) legte die Kirche die Länge der Fastenzeit auf 40 Tage und Nächte fest. Die in 40 Einheiten zu teilende Zeitspanne bezeichnet die erdzugewandte Vielfalt und kommt in der Bibel mehrfach vor: 40 Jahre wandern die Israeliten durch die Wüste (Ex 16,35), 40 Tage begegnet Moses Gott auf dem Sinai (Ex 24,18), 40 Tage wandert Elias zum Berg Horeb (1 Kön 19,8), 40 Tage fastet Jesus in der Wüste (Mt 4,2; Lk 4,2), und 40 Tage nach der Auferstehung (= Ostern) feiert die Kirche Christi Himmelfahrt (Apg 1,3).

Der Beginn der Fastenzeit liegt auf einem Mittwoch und das Ende der Fastnachtszeit auf dem Dienstag nach dem 6. Sonntag vor Ostern (Invocabit). Als die Synode von Benevent 1091 die Sonntage in der Fastenzeit als Gedächtnistage der Auferstehung Jesu vom Fasten ausnahm, rückte deshalb der Beginn der Fastenzeit um 6 (Wochen-) Tage vor. Die Fastnacht endet seitdem am Dienstag nach dem 7. Sonntag vor Ostern (Estomihi), und die Fastenzeit beginnt mit dem folgenden Mittwoch, dem Aschermittwoch. Jene, die ihre Fastnacht nach der alten Fastenordnung vor der Regelung in Benevent (1091) feiern, begehen die Alte Fastnacht (Bauernfastnacht), die immer in die geltende Fastenzeit fällt. Zum Unterschied von der Alten Fastnacht wurde der der neuen Fastenordnung entsprechende neue Fastnachtstermin Herrenfastnacht genannt. Vor allem am Oberrhein konnte sich die Neuordnung nicht gegen die ältere Tradtion durchsetzen. In Basel, Baden und in Teilen des Markgräflerlandes hielt man an der „alten Fastnacht“ als „Bauernfastnacht“ zum alten Termin gegenüber der „Herrenfastnacht“ am neuen Termin fest. Bis heute beginnt in diesen Gebieten die Fastnachtszeit erst, wenn andernorts bereits die Fastenzeit begonnen hat. Die Alte Fastnacht war oft auch eine protestantische Demonstration gegen die „katholische“ Fastenzeit. Die Alte Fastnacht ist geradezu sprichwörtlich geworden: Wer zu spät kommt, kommt hinterher wie die alte Fastnacht. Wer ein schlechter Zahler ist, weil er immer auf die Zukunft vertröstet, für den fällt die Fastnacht immer spät.

Die Fastenzeit gilt als gebundene Zeit, denn in dieser Zeit waren die Christen im Mittelalter an harte Verpflichtungen gebunden: die Pflicht zum Fasten, d.h. zum Verzicht auf Fleisch, Milchprodukte (= Laktizinien) und Eier, Mitfeier der Karwoche und der österlichen Gottesdienste, Teilnahme an der Osterbeichte. Andere Namen für die österliche Fastenzeit oder Fastenquadragese sind: Quadragesima, Quadragena, Quarentana, Quadragesimum major, Großes Fasten, jejunium paschale.